Historie

Die Entstehung der Interpersonellen Psychotherapie

Die Namensgebung der IPT bezieht sich auf die interpersonelle Schule Sullivans, die konzeptionelle Basis ist aber wesentlich weiter gefasst. Der Ansatz orientiert sich an Befunden aus der Life-Event- sowie Social-Support-Forschung, die auf die Bedeutung sozialer Netze und enger zwischen­menschlicher Beziehungen zur Bewältigung kritischer Lebensereignisse hingewiesen haben. Die zentrale Bedeutung von zwischenmenschlichen Beziehungen für die Gesundheit, Stressbewältigung und Resilienz hat sich zwischenzeitlich  etabliert (z.B. Holt-Lundstad et al. 2010). Essentiell für die IPT ist dabei der beobachtete Zusammenhang zwischen einem dysfunktionalen Umgang mit zwischenmenschlichen Belastungen und der Entwicklung einer depressiven Störung. Eine Depression wird deshalb unabhängig von ihrer komplexen Entstehung immer auch in ihrem psychosozialen Kontext betrachtet, z.B. im Rahmen eines aktuellen interpersonellen Konflikts. Die IPT basiert auf der Annahme, dass das Erfassen, Bearbeiten und Verändern dieser Zusammenhänge depressionslindernd wirkt und prophylaktische Wirkung hat. Neben der Bedeutung zwischenmenschlicher und sozialer Konstellationen für die Depressionsentstehung werden aber auch Prozesse der Symptombildung und Persönlichkeitsfaktoren als wichtig erachtet. Vor dem Hintergrund der kurzen Behandlungsdauer und des problemorientierten Vorgehens werden in der IPT jedoch vor allem die Ebene der Symptomentwicklung und die interpersonellen Problembereiche fokussiert. Persönlichkeitseigenschaften als situationsüberdauernde Merkmale sind dagegen im kurztherapeutischen Prozess nicht ausdrücklich Gegenstand der Bearbeitung, lediglich im Rahmen einer längeren Erhaltungstherapie werden sie thematisiert.

IPT Begründer

Die IPT wurde von dem amerikanischen Psychiater Gerald Klerman, seiner Frau Myrna Weissman sowie zwei weiteren Kollegen, Bruce Rounsaville und Eve Chevron, begründet. Die Entwicklung der IPT begann 1968 im Rahmen einer Multicenterstudie zur Rückfallprophylaxe depressiver Erkrankungen. Zu dieser Zeit war die Wirksamkeit trizyklischer Antidepressiva zur Behandlung akuter Depressionen bereits unumstritten, jedoch die optimale Dauer medikamentöser Therapie und die Rolle der Psychotherapie noch unklar.

Die IPT Verfahren wurde abgeleitet aus klinischer Erfahrung, aber vor allem auch aus empirischen Beobachtungen. Den Autoren ging es bei der Erstellung der IPT nicht darum, eine neuartige oder besonders originelle Psychotherapieform zu entwerfen, sondern vielmehr, ein strukturiertes Therapieverfahren zu schaffen, das sich mit der operationalisierten medikamentösen Behandlungsbedingung vergleichen ließ: „Our intent was not to develop a new psychotherapy but to describe what we believed was reasonable and current practice with depressed patients ...“ (zitiert nach Klerman, Weissman, 1993, S. 4). Mit dem Ziel, das Verfahren zu standardisieren, um seine Wirksamkeit zu überprüfen, wurden Konzepte, Strategien und Methoden in einem Manual beschrieben.